Michail Schaiber-Sokolski
Der Geist angesichts der Weltkatastrophe.
(Neue weltanschauliche Überlegungen)
Aus dem Russischen übersetzt von
Erika Beermann
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von
Bernd E. Scholz
«Der Geist angesichts der Weltkatastrophe» erscheint mit dem 1. September 2021 in einer Zeit, in der sich Menschen auf der ganzen Welt bedroht sehen durch katastrophische Wandlungen des Weltklimas, weiterhin zusätzlich zum Armageddon eines nuklearen Weltkriegs durch eine Virus-Pandemie, wo der Tod jeden ebenso auf der anderen Seite der Erde wie daheim erwarten kann; wie der Autor 1984 schreibt, ist es «ein Leiden des Blutes, ein Leiden der Nerven, ein Leiden des Geistes». Obwohl unter der Drohung bevorstehender Katastrophen geschrieben, ist dieser 1984 verfasste Text paradoxerweise ein ungemein hoffnungsträchtiger, da er auf die Kraft menschlicher Vernunft und ihre Evolution setzt. Ein Text aus der Tiefe des russischen Geistes. Es ist das neunte Buch unseres 1923 in Moskau geborenen Autors.
Available at www.amazon.de
Weimar (Lahn) 2021, 191 S.
ISBN 978-3-926385-93-2 (Bernd E. Scholz)
Softcover:
Preis: 15,00 €
Hardcover:
ISBN 978-3-926385-69-7
Preis: 25,00 €
Format: 15,1 x 22,7 cm
Inhalt
Anstelle einer Einleitung
Der Geist angesichts der Weltkatastrophe (1984)
Materialien
Textologie (Quellenlage und Editionsfragen)
Deutsche Zusammenfassung des Autors von 1999
«Ich glaube nicht und ich bin nicht religiös.»
Byzanz und die Folgen
Jüdische Diaspora und Ghettomentalität. Reflexionen
anlässlich einer Reise nach Warschau 1936
Exkurs: Zivi-Ami Liora: Was ist das sowjetische Judentum? (2019)
Nachwort Bernd E. Scholz: Michail Schaiber-Sokolski –
Ein russisch-jüdischer Aufklärer der besonderen Art
Biobibliographische Notiz
Aus der Einleitung des Autors:
«Dies ist seiner Gattung nach ein geistiges Manifest. Lebenslang kreiste mein Denken um die Probleme der Opposition von Geist und Ideologie. Trotz aller
zeitbedingten Bezüge stellt es die Quintessenz meines Lebens dar ... Die entscheidende Idee des gesamten Manifests (Moskau 1984) ist die Konzeption einer neuen Gemeinschaft des Geistes. Diese soll
nicht hoffen, sondern handeln, nicht abhängig sein, sondern bestimmen, nicht einfach retten und gerettet werden, sondern die Welt nach ihrem eigenen Bild und Ebenbild gestalten ...
Und besonders unterstreichen möchte ich: ... GEIST – das ist der ständig sich erneuernde und bereichernde Gehalt der menschlichen Intelligenz, die gewaltige Welt gedanklicher Werte, die angesammelt
wurden und angesammelt werden im Verlauf der vieltausendjährigen Geschichte der Menschheit, die Welt der Gedanken, Kenntnisse, Vorstellungen, Bilder usw., die subjektiv vererbt werden und objektiv
weiterwirken auf allen Gebieten des ideellen wie materiellen Schaffens.»
(Übersetzt aus Michael Schaiber-Sokolskis unveröffentlichten Erinnerungen «Treues Gedächtnis», Moskau 1992-1995)
* * *
2018, im 50. Jubiläumsjahr des Club of Rome International, beschlossen die Mitglieder auf ihrer Jahrestagung, die Anliegen, die zur Gründung des Club of Rome führten, verstärkt in den Vordergrund zu rücken: Das «Abenteuer des Geistes» neu zu entfachen und die Weiterentwicklung des Menschen und seiner Denkweisen stärker in den Fokus zu rücken.
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!!! Siehe hier auch die »Ergänzung«:
Der Zug hält in Warschau. (Erinnerung an 1936) !!!
LESEPROBE:
«Und das europäische Phänomen? Nachdem die ersten Beiträge für die Menschheit durch die
Juden der Antike in Form der monotheistischen Idee als dem einzigen Welterschaffungsprinzip sich als ein Eckstein ins Fundament des europäischen Geistes eingefügt hatten, berührte die Bewegung des
jüdischen Denkens im Verlauf von über anderthalb tausend Jahren kaum mehr den Strom des europäischen Denkens. Die religiöse Ideologisierung, die in Israel schon bedeutend früher begann als in der
griechisch-lateinischen Welt, vergrößerte und verschärfte sich unaufhaltsam in der Diaspora. Weder viele Jahrhunderte lang gründlichste analytische Arbeit über den antiken Büchern noch der
unvermittelte stürmische Aufschwung religiöser Philosophie und Dichtung unter den günstigen Umständen im moslemischen Nordafrika und in Spanien, noch das prachtvolle Erblühen der kabbalistischen
Mystik konnten das Judentum aus seinem freiwilligen ideellen Ghetto herausführen. Doch da tauchten nun irgendwo im 17. Jahrhundert eben im Milieu Europas die ersten Schwalben jenes erstaunlichen
künftigen Frühlings auf, der im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts immer mehr an Kraft gewann und die Juden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht nur zum geistig produktivsten und geistig
universalsten, sondern auch zum europäischsten aller europäischen Völker machen sollte. Ohne die geistige Heldentat der europäischen Juden kann man sich wahrscheinlich zwar ein heutiges Judentum
vorstellen, doch auf keinen Fall ein heutiges Europa, keine europäisch-amerikanische Zivilisation und keinen allmenschlichen Geist in seiner höchsten, synthetischen Erscheinung.
Aus einem derart bizarren Verhalten der Gene, die die geistigen Aufgaben bestimmen – einem Verhalten, das bei aller Absonderlichkeit deutlich zeigt, dass es sich stets um Entwicklung handelt und
nicht um eine ständig gleichermaßen ausgerichtete erbliche Weitergabe von Mikrostrukturen des Gehirns und deren zufällige Mutationen – ergibt sich eine Schlussfolgerung, die auf den ersten Blick
nicht nur Rassisten ungeheuerlich erscheint, doch letztlich ist sie nicht nur unausweichlich, sondern sie bringt die Quintessenz eines Humanismus höchster, überhistorischer Art zum Ausdruck: Wenn das
unerhört Grauenhafte geschieht und im Strudel einer Weltkatastrophe die Hauptmasse der Nachfahren jener Stämme untergeht, aus denen sich nach der Großen Völkerwanderung der Europäer zusammengefügt
hat, wenn in diesem Strudel auch die von diesen Stämmen begründete Zivilisation in all ihren äußeren, übertrieben materiellen, künstlich objektivierten Manifestationen untergeht, dann bedeutet das
keineswegs, dass der vom Europäer durchlaufene geistige Weg umsonst gewesen ist und dass zugleich mit ihm auch das vergeht, was sein Geist vollbracht hat, dass seine geistigen Impulse vergehen und
sein geistiger Same. Nein, diese ganze, heiligste Errungenschaft der Art homo sapiens kann und muss von den Erben des europäischen Menschen aufgenommen, bewahrt und fortgesetzt werden, welcher Rasse,
welchem Stamm sie auch angehören mögen. Antirassismus ist Humanismus – nicht deshalb, weil Humanismus gleichbedeutend mit Humanität wäre (diese beiden Begriffe werden allzu oft verwechselt), sondern
weil Humanismus von seinem tiefsten Kern her Universalität bedeutet.
Den Schutz der Heimat des Humanismus – des europäischen Geistes – muss eine mit diesem Geist nicht «blutsverwandte» Rasse übernehmen, eine Gemeinschaft ganz anderer Art – die Weltgemeinde des
Geistes, die Weltbruderschaft des Geistes. Und schützen muss man ihn keineswegs vor irgendeiner ihm fremden Rasse, sondern vor den tödlichen Umarmungen triumphierender Ideologie.
Der Weg eines solchen Humanismus ist ein wahrhaft realer, ein wahrhaft idealer Weg.»